„Na Schatz, wie geht es dir?“ – „Gut“

Diesen Dialog kennen wir nur zu gut. Auf die Frage, wie es uns geht, antworten wir meistens mit „gut“ oder „schlecht“. So sind wir das gewohnt und finden nichts ungewöhnliches daran, unser Gefühlsleben in vermeintlich gute und schlechte Gefühle bzw. Gefühlszustände einzusortieren.

Nur genauer betrachtet sind ja „gut“ und „schlecht“ gar keine Gefühle.
Ein Gefühl wäre zum Beispiel: erschöpft, fröhlich, unglücklich, traurig, beschwingt, überfordert, verliebt, aufgekratzt, nervös, müde, frustriert, zufrieden….

Leider fällt es uns oft schwer, genau zu artikulieren, was wir fühlen. Dies kann zu Missverständnissen, Konflikten und innerer Unruhe führen.

Emotionen haben in unserer Gesellschaft keinen hohen Stellenwert. Gefühle sind schnell etwas für „Weicheier“, Gefühle sind nicht produktiv und eher nebensächlich. Unsere moderne Leistungsgesellschaft legt heute mehr Wert auf eine vordergründige Work-Life-Balance als die tatsächlichen Gefühle des oder der Einzelnen.

Angst, über Gefühle zu sprechen

Vor allem Männer (aber nicht nur sie!) haben oft Angst über ihre Gefühle zu sprechen. Angst davor, dann ausgelacht, nicht ernst genommen oder schlicht als „unmännlich“, weich und schwach zu gelten. Oder für Frauen als als depressiv, hysterisch, weinlerich oder cholerisch abgestempelt zu werden.

„Indianer kennen keinen Schmerz“ oder auch Begriffe wie „Heulsuse“, „Meckerliese“ sind Ausdrücke, die uns alle und Männer im Besonderen Jahrhunderte lang geprägt haben.  

Ich finde es für uns Eltern und für die Kommunikation in der Familie (und überhaupt) wichtig, dass wir lernen, anders über unsere Gefühle zu sprechen.

Warum? Weil das für mehr KLARHEIT und VERSTÄNDNIS sorgt.

Aber wie kann das gehen – Hier sind meine 3 wichtigsten Tipps

(1) Emotionen akzeptieren

Als erstes sollten wir lernen, alle (!) unsere Gefühle zu akzeptieren, anstatt sie zu ignorieren oder zu vermeiden. Es ist normal und menschlich, ein breites Spektrum an Emotionen zu erleben. Dazu gehören eben auch Gefühle die als vermeintlich „schlecht“, unangenehm oder „unschön“ eingestuft werden. Angst, Trauer, Wut, Scham mit all ihren Abstufungen.
Indem wir unsere Gefühle anerkennen und ausdrücken, können wir sie besser verstehen und bewältigen.

(2) Urteil über Gefühle vermeiden

Wir sollten lernen, unsere Gefühle ohne Urteile auszudrücken – also kein „gut“ und „schlecht“ mehr. Anstatt zu sagen, dass wir „uns dumm fühlen“, könnten wir zum Beispiel sagen, dass wir „unsicher sind oder verwirrt“.

Übung: in einem stillen Moment für dich anfangen – in der U-Bahn, auf dem Fahrrad, beim Abendessen kochen – auf die Frage an dich selbst „wie geht es mir gerade“, eine Gefühlsbezeichnung finden, die nicht „gut“ oder „schlecht“ ist. Sei kreativ!

Nach und nach versuchst du dich auch so gegenüber anderen zu äußern und kannst zum Beispiel auch bei deinen Kindern zurückfragen, wenn sie sagen, es geht ihnen „gut“: „Und was heißt gut genau?“

(3) Gefühle nicht wegwischen wollen

Wenn wir hören, dass jemand traurig, einsam, erschöpft oder ähnliches ist – also ein Gefühl äußert, dass wir als „schwer“ einsortieren – haben wir den Impuls, dieses Gefühl aufzulösen bzw. dafür zu sorgen, dass es schnell wieder „leichter“ ist.
Natürlich ist das ein vollkommen verständlicher Impuls. Schwere (mit)zu ertragen erfordert viel Ruhe, Empathie und Akzeptanz. Aber wenn wir nicht bei diesem „schweren“ Gefühl bleiben wollen, nicht zuhören können und es einfach annehmen können, dann drücken wir unterbewusst aus, dass dieses geäußerte Gefühl „nicht ok“ ist, dass es weg muss.
Muss es aber vielleicht gar nicht. Ein Gefühl – egal welches (!) – auszudrücken, ist der erste entscheidende Schritt, es zu greifen, zu akzeptieren und mit ihm umzugehen.

Vielleicht ist es für dich selbst oder dein Gegenüber gerade einfach wichtig, traurig, erschöpft oder überfordert zu sein. Dann ist das auch ok.
Eine Reaktionsmöglichkeit könnte sein, dass du fragst, ob das Gefühl gerade ok ist.

Fazit – Reden und Anfangen

Eigentlich heißt es „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“ – ich will das in diesem Fall gerne umdrehen:

Schweigen ist Silber, Reden ist Gold

Und auch wenn es uns wirklich schwer fällt – wenn wir es erstmal damit anfangen und es üben, fühlen wir meist eine große Erleichterung, sorgen für mehr Klarheit und Verständnis. Für dich selbst und für euch alle.

Also, traut euch und fangt an.

Und, wie geht es dir gerade?

Wenn es dir als Vater oder Mutter noch zu schwerfällt, über deine Gefühle zu sprechen, dann melde dich noch einfach bei mir. Das kannst du bei mir lernen!

Buch jetzt gleich ein unverbindliches und kostenfreies Kennenlerngespräch und wir klären, wie ich dir am besten helfen kann!